Beitrag 3, September 2018

Kaufen einer teilsanierten Eigentumswohnung im typischen Berliner Altbau, kein Problem oder?

    Beitrag 3, September 2018:

    In einem großen Internetportal wurde eine Eigentumswohnung in einem typischen Berliner Altbau zum Kauf angeboten. Das Exposé (Verkaufsprospekt) hob die Vorzüge der Größe (150 m² Wohnfläche), Lage (im 4.Obergeschoss), Erreichbarkeit (mit Aufzug), Atmosphäre (4 große, helle Räume, zwei Balkone etc.) hervor. Nach der ersten Besichtigung mit der Maklerin stand für die Interessenten der Kaufentschluss fest, zur letztlichen Absicherung schalteten sie mich als Bausachverständigen ein.

    Im Exposé wurde in einem Nebensatz erwähnt, dass es sich um eine teilsanierte Wohnung handelt. Teilsanierte Wohnungen sind preiswerter und erlauben mehr Einflussnahme durch die Käufer als komplett sanierte Wohnungen. Sind sie deswegen ggf. eine gute Alternative für fähige Heimwerker oder Menschen mit viel Gestaltungswillen? Was ist dabei zu bedenken und wo sind die Grenzen?

    Bei einem gemeinsamen Ortstermin mit der Maklerin fielen u. a. folgende teilsanierte Bauteile auf:
    Heizungsanlage: Im Fußboden verlaufende Vor- und Rücklaufleitungen der Heizung endeten in Fensternischen ohne Heizkörper. Ersatzweise wurde die Wohnung mit Elektroradiatoren geheizt.
    Fenster und Balkontüren: Die ursprünglichen, ca. 100 Jahre alten Kastendoppelfenster und -balkontüren wurden vor ca. 25 Jahren in einfacher Weise nachgebaut, sie waren stark sanierungsbedürftig
    Badausstattung: Ein Ausgussbecken anstelle des Waschbeckens, ein zu tief montiertes WC-Becken, die bodengleiche Dusche ohne Wandfliesen, eine Steckdose (Waschmaschine) mit Zettel „don´t use“.

    „Ok, wenn der Preis stimmt, sind das doch alles lösbare Probleme?“, vermuteten die Interessenten. „Klar, alle baulichen Probleme sind lösbar, aber die Risiken sind zu bedenken“, war meine Antwort.

    Nur ein kleines Beispiel zu der o. g. Heizungsanlage soll zeigen, was ggf. problematisch sein könnte. Die Steigleitungen, die von der Zentralheizung aus dem Kellergeschoss durch alle Geschosse führen, gehören zum Gemeinschaftseigentum, dafür ist die Wohnungseigentümergemeinschaft zuständig. Für die Heizungsleitungen in der Wohnung, im Sondereigentum, ist der Eigentümer selbst zuständig. Der Abzweig der Leitungen in der Wohnung ab den Steigleitungen bildet die Zuständigkeitsgrenze. Der Maklerin wusste nicht, welche Baufirma die Heizungsleitungen in der Wohnung verlegt hatte.
    Es war also offen, wer für die fachgerechte Ausführung haftet und die Gewährleistung übernimmt.

    Bei den Fenstern und Balkontüren mit Sanierungsbedarf war spontan nicht zu bewerten, ob die Kosten einer Sanierung geringer sein würden als ein Neubau im historischen Baustil. Hinsichtlich der Badausstattung war allerdings offensichtlich, dass eine Komplettsanierung unvermeidlich sein würde.

    Mein Kommentar als Bausachverständiger

    Teilsanierung – Im Gegensatz zu einer vollständig sanierten Wohnung bestehen offene Restleistungen, welche aus fachlicher Sicht mehr oder weniger kritisch zu bewerten sind. Selbst bei Neubauten kommt es immer wieder vor, dass Bauteile in Eigenleistung vom Eigentümer (bzw. seinen internen Helfern) aus der Gesamtbauleistung der Unternehmen herausgelöst werden. Sofern es sich zum Beispiel um Tapezier- und Anstricharbeiten handelt, ist eine Abgrenzung zu den Vorleistungen einfach. Außerdem liegen solche Bauleistungen am Ende und lassen sich nach der Teilfertigstellung erstellen.

    Kompliziert sind Bauleistungen, die ein hohes Fachwissen erfordern, wie z. B. bei Heizungsanlagen. Solche Leistungen müssen von Fachunternehmen ausgeführt werden, da gibt es nichts zu deuteln. Oft stehen solche Bauleistungen in einem technischen Zusammenhang mit anderen Bauleistungen, die ebenfalls ein hohes Fachwissen erfordern und wo kleine Fehler größere Folgen nach sich ziehen. Bei einer Eigentumswohnung in einem Mehrfamilienhaus kommen neben wohnungsinternen auch die Gemeinschaft betreffende Themen hinzu, welche zu zusätzliche Schwierigkeiten führen können.

    Im vorliegenden Beispiel ist insbesondere heikel, dass es keine Unterlagen über die technischen Vorarbeiten gibt und auch die ausführenden Firmen unbekannt sind. Da sich die Wohnung schon länger in diesem teilsanierten Zustand befindet, ist ein grundsätzliches weiteres Problem, dass die Gewährleistung der Firmen, selbst wenn man sie in Erfahrung bringen könnte, weitgehend abgelaufen ist.

    Gewährleistung – Dieser spezielle Begriff im Bauwesen ist vergleichbar mit einer Herstellergarantie für andere Produkte des täglichen Lebens. Bei Kaufverträgen für Häuser/Wohnungen gilt in der Regel das „Bürgerliche Gesetzbuch“ (BGB) mit einer Gewährleistungsdauer (Garantiezeit) von 5 Jahren.

    Gemeinschaftseigentum – Beim Kauf vor Eigentumswohnungen erwirbt man gleichzeitig einen Anteil am Grundstück und an den allgemeinen Bauteilen von Gebäuden (Dach, Fassade, Keller, Tiefgarage, Treppenhaus, Aufzug, Steigleitungen, Außenanlagen etc.). Die Größe des Eigentümeranteils entspricht dem Anteil der Wohnfläche seiner Wohnung im Verhältnis zu den Wohnflächen aller Wohnungen zusammen. Viele Eigentümer sind so auf Ihre Wohnung fokussiert, dass sie dies oft erst später wahrnehmen, wenn sie bei den Eigentümerversammlungen zu Instandsetzungskosten am Gemeinschaftseigentum mitbeschließen „dürfen“. Dabei sind sie Teil einer Wohnungseigentümergemeinschaft und damit vielfach abhängig. Allgemeine Beziehungen der Eigentümer sind im Wohnungseigentumsgesetz geregelt, die konkreten, objektbezogenen in der s. g. Teilungserklärung (TE). Weitere Einzelheiten werden häufiger in einem Gemeinschafts- und Verwaltervertrag geregelt.
    Innerhalb der Wohnung gehören zum Beispiel die Bauteile der tragenden Konstruktion der Decken und Wände, die Wohnungseingangstüren, Außenfenster und -türen zum Gemeinschaftseigentum.

    Sondereigentum – Hierzu gehören insbesondere die in der Wohnung eines Erwerbers sichtbaren Grenzbauteile (Decken- und Wandputz, Fliesen, Tapeten und Anstriche, Wand- und Bodenbeläge). Dazu gehören auch die nichtragenden Innenwände, Innentüren und fest montierten Einbaumöbel, ebenfalls technische Bauteile wie Heizkörper (in Fensternischen, Handtuchheizkörper in Bädern), Sanitärobjekte (Waschtisch, WC-Becken, Badewanne, Dusche, Armaturen), Elektroausstattung (Schrank der Wohnungs-Unterverteilung, Schalter, Steckdosen, Raumthermostate) oder Lüfterabdeckungen, Balkonbeläge (nicht deren Tragkonstruktion, Abdichtung und Geländer) und Tiefgaragenstellplätze.

    Ein Sondernutzungsrecht kann man z. B. an Terrassen, Gartenflächen und Kellerräumen erwerben. Hierbei werden einzelnen Eigentümern Teile des Gemeinschaftseigentums zur Nutzung überlassen.

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